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Erneuter Abfall der Netzfrequenz durch Notabschaltung im größten europäischen 
Kohlekraftwerk

Juni 17 2021

Im EU-Stromnetz ist es dieses Jahr nun zum zweiten kritischen Frequenzabfall gekommen. Die Behörden verweisen auf funktionierende Sicherheitsmaßnahmen, die Ursache ist aber noch unklar.

AMPRION NIMMT STELLUNG

Zwischenfall am 17. Mai 2021 - Am Montagnachmittag wurden in der Schaltanlage Rogowiec (Polen) die elektrischen Schutzeinrichtungen automatisch aktiviert, wie ein Sprecher des deutschen Übertragungsnetzbetreibers Amprion mitteilte. Da die produzierte elektrische Energie im angrenzenden Kohle-Kraftwerk Bełchatów spontan nicht mehr abgenommen wurde, sind durch eine Notabschaltung 10 von 13 Kraftwerksblöcke mit einer Gesamtleistung von ca. 3.500 MW schlagartig vom Netz genommen worden. Dieser Leistungsverlust sorgte unmittelbar für einen steilen Frequenzabfall bis auf 49,84 Hz im Europäischen Verbundnetz. 

Innerhalb von 20 Minuten konnte die Frequenz durch die Netzbetreiber wieder stabilisiert werden. Die Störung am Montagnachmittag sei allerdings deutlich kleiner gewesen als der Frequenzabfall im Januar, sagte der Sprecher von Amprion am Dienstag. Eine Trennung des europäischen Netzes wie bei dem Vorfall im Januar  habe es nicht gegeben und die Systemsicherheit sei zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen.  

Die Störung in der Verteilerstation in Rogowiec wurde noch am Montag behoben und die notabgeschalteten Blöcke konnten bis zum Wochenende wieder in Betrieb genommen werden. Allerdings ist die Ursache bisher nicht bekannt.
 

WARUM DIE ERHALTUNG DER SOLLFREQUENZ 50 HZ SO WICHTIG IST

In Kontinentaleuropa liegt die Frequenz des Wechselstroms bei fast genau 50 Hz. Sie darf 49,8 Hz nicht unterschreiten und 50,2 Hz nicht überschreiten. Sinkt oder steigt die Frequenz im Netz zu stark, beeinflusst dies die Funktion zahlreicher elektrischer Geräte. Auch die Generatoren der angeschlossenen Kraftwerke können im schlimmsten Fall beschädigt werden. 

Verschiedene gestaffelte Regelmechanismen sorgen bei einer Abweichung von der Sollfrequenz zu einer Leistungsanpassung an den Generatoren, um wieder die 50,0 Hz zu erreichen. Sollten die manuellen und automatischen Regelmöglichkeiten nicht ausreichen, um das Netz zu stabilisieren, tritt zur Vermeidung von problematischen Netzzuständen ein Abschaltplan in Kraft. Im schlimmsten Fall wird der Netzbetrieb eingestellt und das Netz danach neu aufgebaut - ein sogenannter Blackout wäre dann europaweit der Fall. 

 

Die folgende Grafik zeigt diese Abweichungen nochmals genauer auf:

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Quelle: www.netzfrequenzmessung.de

LASTABWURFSTUFEN

Hätte die Netzfrequenz den Wert von 49 Hz unterschritten, wäre es zu automatischen Lastabwürfen, also der Trennung von Endverbrauchern von der Stromversorgung, gekommen. Die Definition der Abschaltstufen in Deutschland wird in technische Anforderungen an die automatische Frequenzentlastung beschrieben und richtet sich nach den Forderungen des Operation Handbook Policy 5 der ENTSO-E. Im Folgenden ist der beispielhafte Umsetzungsplan mit vier Stufen dargestellt:

Frequenz

Aktion

Summenlast

Aktivierungsart

49,8 Hz

Aktivierung von Leistungsreserven unverzögert und Abwurf von Speicherpumpen (t<10s)

 

Manuell / Automatisch

49,2 Hz

Abwurf von Speicherpumpen unverzögert

 

Automatisch

49,0 Hz

Lastabwurf Stufe 1, ca. 12,5 %

ca. 12,5 %

Automatisch

48,8 Hz

Lastabwurf Stufe 2, ca. 12,5 %

ca. 25,0 %

Automatisch

48,6 Hz

Lastabwurf Stufe 3, ca. 12,5 %

ca. 37,5 %

Automatisch

48,4 Hz

Lastabwurf Stufe 4, ca. 12,5 %

ca. 50,0 %

Automatisch

47,5 Hz

Trennung der Kraftwerke vom Netz

100%       (Black Out)

Automatisch

Nach der Trennung der Kraftwerke vom Netz wird dieses schrittweise wiederaufgebaut, wodurch die Identifizierung des Auslösers der Störung und damit die Umgehung des Problems in der Zukunft ermöglicht wird.

HINTERGRUND KRAFTWERK BELCHATÓW

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Das 5.300-MW-Kraftwerk Bełchatów in Polen ist das größte kohlebefeuerte Kraftwerk in Europa. Das Kraftwerk ist seit 1988 in Betrieb. Mit seinen 13 Braunkohlekraftwerksblöcken erzeugt das Kraftwerk 32,3 TWh Strom pro Jahr, was etwa 20 % der gesamten polnischen Stromerzeugungskapazität entspricht.

Ein derart schwerwiegender Fehler ist in der Geschichte des Kraftwerks Bełchatów noch nie aufgetreten.

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Einmal mehr zeigt wie schnell sich das kritische Element einer sicheren Energieversorgung aus dem Normalbereich bringen lässt. Während der Bedarf an Energie unverändert wächst, soll die Produktion durch CO2-lastige Kraftwerke reduziert werden, um diese über die kommenden Jahrzehnte aus dem Netz verschwinden zu lassen. Dadurch werden die Herausforderungen in dem Bereich täglich größer. Und der erfolgreiche Hackerangriff auf die Colonial Pipeline in den USA im April zeigt, dass die Gefahren vielschichtig sind und daher der Schutz der eigenen kritischen Infrastruktur entscheidend für den eigenen Unternehmenserfolg ist.
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